Geschichte des Hauses

Seit mehr als 30 Jahre existiert unser Stadtteilzentrum unter verschiedenen Namen und Standorten. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie mehr über unsere Geschichte, die auch eine Geschichte des Prenzlauer Bergs und seiner rasanten Entwicklungen seit der „Wende“ in 1990 ist.

1991 „Nachbarschaftshaus Pfefferberg“
Auf dem Pfefferberg-Gelände, das vom DDR-Volkseigentum zu je 50% ins Eigentum der Stadt Berlin und der Bundesrepublik überging, sollte auf Bestreben der Anwohner*innen ein Standort für soziale, kulturelle und handwerkliche Organisationen entstehen. Als Teil dieser Initiative wurde am 1. November 1991 das heutige Stadtteilzentrum unter dem Namen „Nachbarschaftshaus Pfefferberg“ eröffnet. Maßgeblich für diese Förderung war die Unterstützung einiger Mitstreiter*innen im Berliner Senat und dem Verband für sozialkulturelle Arbeit (VskA), dem das Stadtteilzentrum noch heute angehört. Zunächst im Erdgeschoss der Christinenstraße 22 angesiedelt, sollte das Nachbarschaftshaus in kurzer Zeit ein wesentlicher Ort für die Menschen am Teutoburger Platz und im umliegenden Prenzlauer Berg werden.

In den Anfangsjahren bevölkerten zahlreiche ältere und betagte Menschen die Parkbänke des Stadtteils, während kleine Kinder unbeaufsichtigt durch die Straßen stromerten. Sie wurden zu den wichtigsten Zielgruppen des Nachbarschaftshauses.
Die ersten Schritte zur Schaffung eines sozialen Raums begannen mit einem einfachen Stand auf dem Teutoburger Platz, wo Kaffee und selbstgemachte Obsttorte angeboten wurden. Bald entwickelte sich eine Stammgruppe aus älteren Damen und Herren und als es im Freien zu kalt wurde, verlagerte sich die Runde in die Räume des Nachbarschaftshauses. Im Laufe der Zeit wuchs diese Gemeinschaft weiter. Heute ist das Nachbarschaftshaus nach wie vor im öffentlichen Raum präsent und gehört zu den Initiator*innen der Spielstraßen-Initiative.

Gleichzeitig fanden regelmäßige Befragungen der Bewohner*innen statt. Die aktivierende Befragung ist eine wichtige Methode in der Stadtteilarbeit, die auch unsere Mobilen Teams heute noch anwenden. Die Kolleg*innen stellten sich und ihre Arbeit von Haus zu Haus ziehend vor, fragten Bedürfnisse und Ideen für die Entwicklung des Stadtteils ab. So entstand ein umfassendes Bild von den Wünschen und Anliegen der Anwohner*innen, was wiederum bei der Gestaltung des Nachbarschaftshauses mit einfloss.

Umzug in die Fehrbelliner Str. 92 als „Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz“
Im Jahr 1996 waren die Räume in der Christinenstraße längst zu klein für das Nachbarschaftshaus geworden. Im Zuge der Umstrukturierungsmaßnahmen des Pfefferwerks e.V. wurde das Haus Teil der gemeinnützigen Pfefferwerg gGmbH und zog in die heutigen Räume in der Fehrbelliner Straße 92. Unter neuem Namen entwickelte das „Stadtteilzentrum am Teutoburger Platz“ zusammen mit der Selbsthilfekontakt- und Informationsstelle (SeKis) des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) die neuen Räumlichkeiten. Im ersten und zweiten Stock entstanden öffentlich zugängliche Gruppenräumen, eine große Gemeinschaftsküche und großzügige Terrassen. Immer wieder beherbergte der zweite Stock auch andere soziale Einrichtungen, die ebenfalls inhaltliche Bezüge zur Stadtteilarbeit hatten. Nach zwölf Jahren erfolgreicher Kooperation verlagerte der HVD seine Selbsthilfekontaktstelle schrittweise in das 2009 gegründete Stadtteilzentrum Pankow. Nichtsdestotrotz treffen sich bis heute weiterhin Selbsthilfegruppen in unserem Stadtteilzentrum.

In der weiteren Geschichte gewann das Stadtteilzentrum neue Schwerpunkte und Methoden hinzu. So haben wir die Angebote im Haus der Bevölkerungsstruktur entsprechend weiterentwickelt und z.B. viele familienunterstützende Projekte und Freizeitangebote ins Haus geholt:

Werkstatt als Methode sozialer Arbeit

Die Idee, die Keramikwerkstatt als Methode sozial-kultureller Arbeit einzusetzen, hat sich über all die Jahre bewährt. Gemeinschaft und kreatives Gestalten stehen hier im Vordergrund. Die Eigenleistung ist eine Bedingung in der Werkstatt. Auf diese Weise wird die Selbsttätigkeit und Partizipation der Nutzer*innen angeregt.

Nachhaltigkeit

Schon früh etablierte sich ein selbstorganisierter Tauschring als eine Form von Nachbarschaftshilfe im Stadtteilzentrum, bis sich das Konzept weiterentwickelte und das Stichwort „Commons“ – Gemeingut“ aufkam. Es ging um gemeinschaftlichen Besitz und selbstorganisierte Wertstoffkreisläufe. 2015 belebte der Leihladen (LeiLa) das Souterrain als eines der nachhaltigsten Projekte, mit dem das Stadtteilzentrum eng kooperierte. Hier konnten Gebrauchsgegenstände ausgeliehen werden, was auch den unmittelbaren Tausch von Kleidung und anderen Dingen förderte. Noch heute gibt es zahlreiches Tausch- und Ausleihmöglichkeiten im Stadtteilzentrum.

Geschichte des Hauses

Im Sommer 1997 kam ein älterer Herr aus Kanada ins Stadtteilzentrum und erzählte von seiner Kindheit, die er in diesem Haus verbracht hatte. Dies war der Beginn unserer Recherchen zur Geschichte unseres Hauses. Erst jetzt erfuhren wir: Von 1910 bis 1942 diente es als Kinderheim mit Hort, Bibliothek und Kindergarten für jüdische Kinder aus bescheidenen Verhältnissen. Die meisten der Kinder und Mitarbeiterinnen wurden deportiert oder ermordet; nur wenige überlebten den Holocaust. Die Fehrbelliner Straße 92 war somit ein Ort jüdischer Geschichte. Über die Jahre wuchs das Engagement für Gedenkkultur im Haus: zahlreiche Projekte unter Einbeziehung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen sowie die Einrichtung eines umfangreichen Archivs zur Geschichte des Hauses wurden realisiert.

Demokratieförderung & Hilfe für Geflüchtete

Im Jahr 2007 beteiligten wir uns an einer berlinweiten Initiative des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. In Kooperation mit einer Netzwerkstelle organisierten wir eine Gesprächsreihe, deren Abschlussveranstaltung im Pankower Rathaus durch rechte Gruppierungen gestört wurde. Eine positive Erfahrung machten wir während der Fluchtbewegungen ab 2015: Unterstützungsnetzwerke rund um Notunterkünfte entstanden, was zu einem größeren Einvernehmen im Stadtteil führte. Hier erlebten wir eine große Einigkeit aus der Nachbarschaft.

Galerie F92

Die Galerie F92 brachte über viele Jahre hinweg einen Hauch von Glamour in unser Haus. Als soziale Einrichtung ist es nicht einfach, Kunst zu finanzieren; dennoch gelang es uns, eine Galerie für bemerkenswerte DDR-Künstler*innen sowie junge Kunstschaffende aus dem Stadtteil zu etablieren – inklusive Dokumentationen gesellschaftskritischer Initiativen und Wanderausstellungen mit aktuellem Bezug.

Der Prenzlauer Berg wurde in den 1990er Jahren zu einem ausgewiesenen Sanierungsgebiet. Hier versuchten wir die Folgen der Modernisierung für die Bewohner*innen aktiv mitzugestalten, um möglichst viele bezahlbare Wohnungen zu erhalten. Im Rückblick zeigt sich ein wellenförmiges Verdrängungsmuster: In dem Ostberliner Altbauviertel mit viel Potenzial und Freiraum entwickelten sich zunächst alternative Wohnprojekte und solidarische Gemeinschaften, auch unter dem Einfluss junger kreativer Gruppen aus West-Berlin und -Deutschland. Mit fortschreitender Sanierung und auch Privatisierung kam es in großen Teilen des Prenzlauer Bergs zu Verdrängungen und auch einer Veränderung der Bewohner*innenschaft. Lang Eingesessene, die den Stadtteil schon vor der Wendezeit kennen, leben hier gemeinsam mit Wohnprojekten aus den 1990ern und solchen, die in den letzten zehn oder 20 Jahren zugezogen oder in dieses Land geflüchtet sind.

Die Veränderungen und der Einwohnerzuwachs führten zu einem Ausbau der Stadtteilzentren, die sich nun auf konkrete Stadtgebiete bezogen: 2009 wurde das Stadtteilzentrum Pankow gegründet. Unser Haus erhielt 2020 seinen heutigen Namen “Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg”, 2022 folgte – auch hier in Folge des Bevölkerungswachstums – das Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg-Ost, besser bekannt als die Kulturmarkthalle.

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